Wunderkammer.   Installation

Relikte im Atelier geraten in zufällige unerwartete und unfertige Konstellationen.

Benjamin entfaltet den Ort des dialektischen Bildes, als Konstellationen in denen „…die Welt als Figuren des Wissens zusammengehalten wird…“, wie es Sigrid Weigel in ihrer Studie zu Benjamin “Entstellte Ähnlichkeit“ diskutiert. Der Begriff der Konstellation wird von Sternbildern abgeleitet, die Ideen verhalten sich zu den konkret erscheinenden Dingen, wie die Sterne zur Konstellation. Die Konstellationen liest Benjamin als Diskontinuität, die blitzartig aufleuchten und im Jetzt als ein situativ konstruiertes Verhältnis zur Vergangenheit im Licht der Erinnerung hervortreten kann. Der aufmerksame Leser erzeugt die Sprachbilder der Wirklichkeit selbst. 

Denkbild und Sprachbild, aber auch Bild und Text werden dabei als eine ineinander greifende Struktur verstanden.

Der Bereich “Objekt Trouvet” wurde erweitert zum Konzept Wunderkammer. Diese Installation, bestehend aus Fundobjekten, welche im Atelier der Schule von Schülern weg geworfene Dinge zeigt, entwickelte ich während der Corona- Zeit als die Prüfungsklassen immer Präsenzunterricht hatten. Sie ist inzwischen aufgelöst und Schüler bearbeiten das Thema Wunderkammer aktuell für eine Prüfung in eigenständig. 
Für das Jubiläum der Göppinger Waldorfschule entstand für den Martinsmarkt eine weitere Installation der Wunderkammer mit einem Bezug zum König Minos und dem Labyrinth auf Kreta.
Die älteste From der Wunderkammer findet sich in meiner Lesart in den Königsgräber ägyptischer Pharaonen, denn die Objekte werden ritualisiert. Dieser Kultstatus der Dinge taucht im Reliquienkult des Mittelalters und in der, sich bei den Fürsten profanisierenden Wunderkammer des Barock, als das Nachleben einer Figur des Wissens auf. Dies führte hin zu den Gründungen der Museen, die jetzt Archive des Weltwissens repräsentieren. Das Archiv des digitalen Museums beerbt sozusagen als ein Weltgedächtnis diese Entwicklungslinie. Alle Kunstwerke der welt sind als digitales Bild mit einem Knopf abrufbar.  Benjamin wirft in seiner berühmten Schrift “Das Kunstwerk in Zeiten seiner technischen Reproduzierbarkeit”  die Frage nach der Aura auf. Was erlebt ein Mensch durch diese flüchtige Begegnung mit dem Kunstwerk in Form eines digitalen Fotos? Gibt es überhaupt noch die Möglichkeit Kunst kontemplativ zu begegnen? Oder brauchen wir eine “Schule der Ästhetischen Erfahrung” die unser Bewusstsein transformiert hin zum Beobachter zweiter Ordnung der sich seines Denkens über Kunst  in bewusster Anschauung  zuwendet?


Fetisch – Buch – Objekt

Das Buch als Fossil der digitalisierten Gesellschaft, inzwischen oftmals wertloses und missachtetes Objekt der Massenkultur, kann in seiner Objekthaftigkeit als verschlossenes Zeichen für ein verborgenes hermetisches Wissen stehen, das nicht als Information abgerufen werden kann.

Trash / Wunderkammer 2019
Details aus der Wunderkammer